Mein Weg zum Steuerberater

Hallo zusammen,

ich habe den Blog von Beate beim Warten auf die Ergebnisse der schriftlichen Prüfungen gefunden. Ab diesem Zeitpunkt hat er mich sehr auf meinem Weg zur mündlichen unterstützt. Daher wollte ich gerne etwas zurückgeben und von meiner Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung 2020/2021 berichten, gerade weil ich mir damals auch mehr Erfahrungsberichte gewünscht hätte.

Nach einer damals eher zufälligen Entscheidung, ob ich Mikrobiologie oder doch Steuern studieren soll, habe ich im Oktober 2013 mit einem Dualen Studium im Bereich Steuern und Prüfungswesen bei einer mittelständischen Steuerkanzlei begonnen. Damals war für mich eigentlich schon klar, dass ich gerne Steuerberater werden würde, auch wenn mir damals noch nicht wirklich bewusst war, welchen Weg ich damit genau wähle. Im Nachhinein war das Studium dafür schon eine sehr gute Vorbereitung, wir hatten im letzten Semester sogar eine kleine mündliche Prüfung, die an das Steuerberaterexamen angelehnt war.

Im September 2016 habe ich meinen Bachelor gemacht. Nach meinen 3 Jahren Praxis habe ich im März 2019 mit der Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung begonnen. Anfangs war ich mir sehr unsicher, auf welche Art ich mich vorbereiten soll. Es gibt so viele verschiedene Wege und ich hatte auch kaum jemand im Bekanntenkreis, der mir noch wirklich von seiner Vorbereitung berichten konnte. Daher hatte ich mir zunächst Infomaterialien von allen Anbietern aus der Gegend bestellt.

Da ich sehr gerne flexibel und draußen im Garten lerne, habe ich mich dann schlussendlich für den begleiteten Fernkurs von Haas entschieden. Dieser ging von März 2019 bis Mai 2020 Als die LeoI (zusätzliche Lernvideos mit vielen Fällen als Aufzeichnung aus dem Vorjahr) im Angebot waren, hatte ich mir diese auch noch dazu bestellt. Die Hefte waren zwar gut aufbereitet und für mich auch passend, ich bin allerdings kaum damit durchgekommen. Ab Dezember 2019 konnte ich dann zum Glück auf 80% meiner Arbeitszeit reduzieren, sonst wäre ich mit den Heften vermutlich überhaupt nicht fertig geworden. Man muss aber vielleicht dazusagen, dass ich sie anfangs wirklich sehr genau durchgearbeitet habe, nur gegen Ende habe ich nicht mehr alle Fälle geschafft. Die mitgesendeten Klausuren habe ich damals auch nicht mehr bearbeitet, sondern mir für später aufgehoben, da es mir sonst zeitlich nicht mehr gereicht hätte (Spoiler: Ich habe später nur ca. 3 der Klausuren dann auch tatsächlich geschrieben). Mir lagen die Live-Videos zu den Heften sowie die LeoI sehr gut, gerade als Ergänzung zu einem Fernkurs. Anfangs dachte ich, dass ich besser den Fernkurs von Knoll hätte wählen sollen, aber eigentlich hat mir diese Art des Lernens doch ganz gut gelegen.

Im März 2020 ging dann mein Klausurenfernkurs der Neufang Akademie los. Die Klausuren an sich fand ich ganz gut gemacht, die Lösungen waren zwar gut, aber unglaublich umfangreich. Ich habe am Anfang ziemlich damit gekämpft überhaupt irgendwann mal mit der Klausur fertig zu werden, von 6 Stunden war ich damals noch sehr weit entfernt. Meine Empfehlung mittlerweile wäre auf jeden Fall sich hauptsächlich an den Punktetabellen zu orientieren, um zu lernen, was überhaupt wichtig ist. Was mir an diesem Kurs überhaupt nicht lag, war dass man jeweils nur 2 Wochen inkl. Rücksendung Zeit hatte, um die Klausuren zu bearbeiten. Gerade nach einem 8h-Tag hat man einfach keine Konzentration mehr, noch eine Klausur zu schreiben (lernen geht ja oft gerade noch so). Zudem hat sich der Kurs mit meinem Präsenzkurs überschnitten, wodurch ich gegen Ende auch teilweise unfertige Klausuren abgegeben habe, um zumindest eine teilweise Bewertung zu erhalten. Rückblickend hätte mir hier vermutlich der Klausurenfernkurs von Knoll besser gelegen.

Von Ende Juni bis Oktober war ich dann in Freistellung. Da ich nicht wirklich viele Überstunden und Urlaubstage angesammelt hatte, habe ich die unbezahlte Freistellung mit meinen Chefs vereinbart. Ich bin nur jeden Monat einen Tag ins Büro gekommen, um mal nach meinen Fällen zu schauen (und nicht aus der Sozialversicherungspflicht zu fallen).

Meine Freistellung begann mit dem Examenskurs bei Knoll in Stuttgart von Ende Juni 2020 bis Anfang Juli 2020 (5 Wochen). Bei diesem Kurs hat man morgens Theorie, schreibt nach der Mittagspause eine 2h-Klausur, die dann im Anschluss direkt noch besprochen wird. Für mich war dieser Kurs perfekt, ich würde ihn auch sofort nochmal buchen. Gerade das tägliche Schreiben der Klausuren hat mir sehr viel Sicherheit und Routine gegeben. Auch der Austausch mit anderen hat mir nach dem Fernkurs viel geholfen. Die Klausuren waren dem Niveau angepasst, es waren keine der „berühmt berüchtigten“ Knoll-Klausuren. Der Kurs beginnt nicht bei Null und ich habe mich mit dem Fernkurs gut vorbereitet gefühlt.

Ende Juli hatte ich dann 3 Tage Klausur-Repetitorium bei der Kammer Stuttgart. Dies war Bestandteil eines Probeexamens. Hierfür hatten wir einige Klausuren vorab zugeschickt bekommen, die dann im Rahmen dieser Tage besprochen wurde. Da diese allerdings während meines Examenskurses ankamen, hatte ich diese nicht wirklich durchgearbeitet, sondern nur durchgelesen. Rückblickend hätte ich diese Tage aber vermutlich besser genutzt, um allein zu lernen, mir lag der Vortragsstil der Dozenten gar nicht und ich habe auch nicht viel gelernt. Im August fanden dann noch die beiden zugehörigen Probexamen statt. Es wurde jeweils von Montag bis Mittwoch unter Realbedingungen das Examen geschrieben, jeweils am Donnerstag erfolgte dann die Klausurbesprechung. Die Klausuren an sich waren durchschnittlich schwer. Was mir sehr gut gefallen hat war die „Abgabe“ unter Realbedingungen. Wir mussten z.B. wie im echten Examen das Zusatzblatt ausfüllen, in dem die Angabe der Seiten und der verwendeten Gesetze erfolgt. Das hat mir im echten Examen etwas Sicherheit gegeben. Die Korrektur erfolgte recht schnell. Ich könnte mir vorstellen, diesen Kurs nochmal zu belegen, würde dann aber vermutlich nicht zum Repetitorium gehen.

Mein letzter Schritt der Vorbereitung waren die beiden Klausurenwochen bei der Neufang Akademie in Calw. Zu den Klausuren gelten die gleichen Anmerkungen wie zum Klausurenfernkurs. Die Korrektur erfolgte sehr schnell, für Tag 1 bekam man einen Teilbereich schon am gleichen Tag zurück, den Rest am folgenden Tag. Die Klausurenwochen gingen jeweils von Montag bis Samstag, es wurden immer zwei Examen am Stück simuliert. Morgens wurde die Klausur geschrieben, nachmittags direkt besprochen. Das war zwar sehr anstrengend, ich habe aber viel dabei gelernt, da man es dann noch sehr präsent im Kopf hat. Zudem schreiben ca. 100 -200 Teilnehmer im gleichen Raum. Bei uns war sogar eine Baustelle nebenan – wer sich hier noch konzentrieren konnte, den konnte lärmtechnisch im Examen nichts mehr schocken.

Dadurch, dass ich recht viele Probeexamen vor Ort geschrieben habe, war die Situation im realen Examen irgendwie schon recht gewohnt. Das hat mir viel Aufregung genommen. Abends habe ich nach den Prüfungen nichts mehr gelernt, sondern versucht mich abzulenken, um den Kopf frei zu bekommen.

Die vermutlich beste Entscheidung war, nach dem schriftlichen Examen eine Woche Urlaub zu nehmen 😀 Die habe ich dann aber auch wirklich gebraucht.

Ich habe zwar wirklich versucht, direkt nach der schriftlichen weiter zulernen. Da man ja aber nicht weiß, ob man bestanden hat, ist es doch sehr schwer sich zu motivieren. Ich hatte mich gegen einen weiteren Fernkurs entschieden, aber mir verschiedene gebrauchte Bücher mit Musterkurzvorträgen gekauft, die ich dann gelesen habe. Genauso habe ich mich auf die Themenbereiche vorbereitet, die ich nicht so präsent kannte (z.B. Berufsrecht). Eigentlich hatte ich vor, den Präsenzkurs bei der Neufang Akademie zu machen, aber aufgrund der unerwarteten Verschiebung des Bekanntgabetermines der Noten aus der schriftlichen (in Baden-Württemberg) hat mich davon überzeugt, den Kurs doch zu stornieren. Ich hätte sonst die Note während des Kurses bekommen. Und jeder der schon einmal auf die Note gewartet hat weiß, dass man sich spätesten am Tag vorher auf nichts mehr konzentrieren kann. Stattdessen habe ich mich für den Online-Kurs bei Knoll und eine Simulation bei der VWA in Karlsruhe entschieden. Die Simulation wurde leider wegen Corona abgesagt. Der Online-Kurs lag mir sehr gut, es wurden viele aktuelle Themen und Standardfragen besprochen. Man konnte auch an einer Online-Simulation teilnehmen, diese hat mir viel meiner Nervosität genommen.

Kurzvorträge habe ich anhand meiner gebraucht gekauften Mustervortragsbücher geübt. Ich habe mir jeweils 3 Themen ausgewürfelt und dann eines davon vorbereitet. Gehalten habe ich die Vorträge meistens im Bad vor dem Spiegel, um direkt zu sehen, was ich besser machen kann. Leider hatte ich außer in der Breakout-Session meines Knoll-Online-Kurses niemanden vom Fach, der mit mir die Vorträge geübt hätte. In der Woche vor meiner Mündlichen habe ich Urlaub genommen und hauptsächlich aktuelles Steuerrecht gelernt (Zeitungen, DStR etc.). Den Bericht zu meiner mündlichen Prüfung habe ich schon im Blog „Die Mündliche 2021“ geschrieben.

Im März 2021 habe ich dann zum Glück bestanden und kann nun mit dem Thema abschließen. Ich kann ehrlich nicht sagen, ob ich einen zweiten Versuch gewagt hätte. Nachdem ich so viel Zeit und natürlich auch Geld investiert habe, hätte ich es aber wohl noch einmal versucht.

Insgesamt waren es schon zwei harte Jahre. Ich habe immer versucht neben dem Lernen auch einen Ausgleich durch Hobbys zu schaffen. Sonst hält man das vermutlich auch nicht durch (Hier Respekt an Attilla, ich wäre an seiner Stelle vermutlich früher oder später durchgedreht). Für mich war der Weg richtig, auch wenn ich rückwirkend ein, zwei kleine Änderungen gemacht hätte. Eine ganz grundsätzliche Frage, die natürlich jeder für sich selbst entscheiden muss, ist die Wahl zwischen Fern- und Präsenzkurs. Freiheit und Flexibilität stehen einem geregelten Rahmen und Kontakten zu anderen Mitstreitern gegenüber. Ich habe mich ja bei einigen verschieden Anbietern vorbereitet und würde sagen, dass sich die großen Anbieter vermutlich nicht viel schenken. Das war für mich auch perfekt, da doch jeder Anbieter einen leicht anderen Stil hat. Aber ich würde euch empfehlen darauf zu achten, dass sich die Kurse zeitlich nicht (zu sehr) überschneiden, sonst reicht die Zeit nicht mehr aus um diese voll zu nutzen.

Ich hoffe ich konnte euch mit meinem Bericht bei eurer Entscheidung etwas weiterhelfen. Wenn noch jemand Fragen hat beantworte ich diese natürlich auch gerne!

Liebe Grüße und euch allen viel Erfolg,

Gugel

2 Kommentare

  1. Hallo Gugel,
    danke für diesen Umfangreichen Einblick.
    Es ist unglaublich, wie viele Klausurenkurse du gemacht hast!
    Wieviel Klausuren hast du insgesamt geschrieben?
    Also zusammengefasst: Haas Fernkurs und alle möglichen Klausurenkurse 😉
    Bei Knoll sind es im Klausurenfernkurs 27 Klausuren und die müssen auch innerhalb von 2 Wochen eingereicht werden. Wieviel sind es bei Neufang? Was war für deine Echtprüfung besser, Neufang oder Knoll oder Kammer Stuttgart oder die Mischung aus allen?
    Das kann ja was werden ..
    LG Paula

    1. Hallo Paula,
      es freut mich dass du meinen Bericht gelesen hast.
      Ich kann es ehrlich gesagt gar nicht so genau sagen. Beim Neufang Klausurenfernkurs sind es 21 Klausuren. Anfangs bekommt man alle 2 Wochen eine mit 2 Wochen Abgabefrist, gegen Ende dann immer 3 (also quasi ein Examen). Aus dem Haas-Fernkurs habe ich kaum welche gemacht, bei der Kammer waren es 2×3 und bei Neufang in Präsenz 2×6. Dazu noch die 5×5 2h-Klausuren beim Knoll Examenskurs. Also an sich waren es gar nicht so viele wie es klingt.
      Für mich war es eben wichtig, möglichst oft unter Realbedingungen Klausuren zu schreiben um auch Routine mit den Störungen und Abläufen zu bekommen.
      Ich persönlich fand die Mischung gut, gerade aus Neufang und Knoll. Ich würde rückblickend wieder eine bunte Mischung wählen, da jeder Klausurensteller andere Formulierungen und Schwerpunkte hat.
      Kopf hoch, das schaffst du! Es wird zwar garantiert auch Tage geben, an denen zu total verzweifelt in der Ecke sitzt, aber wenn man es will ist es absolut machbar.
      Liebe Grüße,
      Gugel

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